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Hanns Brenner
als Hitler
Der Kreuzberger Schauspieler Alexander Radszun
(34) spielt in "Väter und Söhne" den jungen Sokolowski, der vom arbeitslosen
Mitläufer der SA zum Verbindungsmann der IG Farben zu den Nazis aufsteigt.
Gnadenlos denunziert er den jüdischen Bankierssohn Max Bernheim, um
dessen Geliebte Elli zur Heirat zu zwingen. Gespräch: K. Henss. |
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Was hat dich an dieser Arbeit gereizt?
Ich hoffe, der Film zeigt deutlich, dass Geschichte nicht
nur von irgendwelchen Charakterschweinen gemacht wird, sonder dass hier
bestimmte wirtschaftliche Strukturen dahinter stecken.
Die Giftgasproduktion im ersten Weltkrieg, dann der Faschismus
einschließlich Auschwitz wurden aufgrund konkreter Interessen der Industrie
möglich. Die IG Farben war ja auch der größte Einzelgeldgeber für die Nazis
überhaupt. Der Film zeigt meines Erachtens auch, dass diese
Wirtschaftsordnung eben nicht nach einer Logik der Menschlichkeit
funktioniert, sondern nach einer Logik des Gewinns.
Die Opfer kommen in "Väter und Söhne" allerdings
kaum vor.
Man muss nicht alles in einem Film unterbringen. Man sieht die
Dinge auf der Ebene "derer da oben" und die haben eigentlich gar keinen Bezug
zu ihren Arbeitern. Sie selbst empfinden das allerdings nicht so. Das ist ja
das Gute an der Story, dass diese Leute alle verstehbar und menschlich
gezeigt werden, dass man sich über weite Strecken mit ihnen identifizieren
kann und plötzlich mit Ihnen in grauenvolle Sachen hineinrutscht und so ein
Aha-Erlebnis hat, einen Schrecken kriegt - wo man doch immer gedacht hat,
dass eigentlich Monster diese Grausamkeiten erledigt haben und nicht
Menschen, mit denen man mitdenken und mitfühlen kann. Aber die sind
eingeflochten in ein System und müssen so handeln.
"Müssen" - das ist zu einfach. Das befreit
die Täter von ihrer individuellen Schuld und Verantwortung.
Müssen, wenn sie nicht alles, was sie bis dahin gemacht haben, total in
Frage stellen wollen. Doch meistens haben sie ihre Moral oder ihr Gewissen
ja entsprechend mitverkümmern lassen.
Eine Botschaft des Films ist ja: Wir sollen
Scham empfinden über das, was geschehen ist. Spricht das Jugendliche heute
an?
Ich glaube nicht, dass Jugendliche heute Scham empfinden darüber. Ich
weiß auch nicht, ob das so wichtig ist. Ich wünsche nur, das sie
Geschichte kennen lernen, dass sie wissen, was die Deutschen in vergangener
Zeit getan haben. Sie sollten wissen, dass viele damals für ihre Taten zu
lächerlich geringen Strafen verurteilt wurden und dann unser
Wirtschaftswunder mitgestaltet haben.
Sokolowski ist am Ende des Films der einzige
Gewinner.
Er kommt ungeschoren davon, ja. Ich glaube auch nicht, dass er
sich großartig verändert hat. Er wird sich auf die neuen Gegebenheiten
eingestellt und wieder im Management gearbeitet haben. Vielleicht könnte er
heute im Chefsessel der Kraftwerksunion sitzen. |
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