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"Tip" - Juni 1994
- Alfred Holighaus:
TATORT BASEL: Der Berliner Schauspieler Alexander Radszun als
Kommissar Merian in einer der besten Eurocops - Folgen:
"Drei
Mädchen"
Der ehemalige Experimentalfilmer Samir, sein Drehbuchautor Peter Lehner,
und nicht zuletzt der Kameramann Lukas Strebel erzählen im vorletzten
Schweizer Beitrag zur hassgeliebten ZDF - Reihe "Eurocops"
eine so aktuelle wie beklemmende Geschichte. Die Geschichte vom
Selbstmord einer vierzehnjährigen Schwimmerin, deren Vorgeschichte von
der sexuellen Vorliebe ihres Trainers für vierzehnjährige
Schwimmerinnen handelt.
Der Schwimmlehrer war früher ein Schweizer Fußballstar und ist zu
Beginn des Films noch ein Idol für den "Eurocop" Christian
Merian, den der Berliner Schauspieler Alexander Radszun seit nahezu
sieben Jahren als grüblerischen Anti - Helden spielt. Nachdem ihn sein
Kollege Bernauer (Stefan Gubser) davon überzeugen kann, dass Trainer
Traber (herrlich halbseiden, wie so oft: Oliver Tobias) tatsächlich
nicht so unschuldig ist, wie er nicht müde wird zu behaupten, geht er
aufs Ganze. Merian pfeift auf die Rückzugsbefehle des ängstlichen
Staatsanwalts und begibt sich jenseits der Grenzen jeder
Rechtsstaatlichkeit, um Traber zu überführen. Wenn Polizisten zu
Gangstern in Uniform werden, werden Polzeifilme interessant.
Doch nicht nur die Hauptfigur des Fernsehkrimis überschreitet Grenzen,
auch die Macher arbeiten jenseits der für den Freitagabend üblichen
Normen. Der im Irak geborene und in der Schweiz aufgewachsene Regisseur
Samir, der seine ersten künstlerischen Lorbeeren im Dunstkreis des
Züricher "Videoladens" (" Züri brennt") erwarb,
hat echte Bilder ins Fernsehen zurückgeholt. Er benutzt alle Mittel des
Mediums nicht um ihrer selbst willen, sondern macht sie zu Mitteln zum
Zweck - Licht, Ton, Musik und vor allem die Schauspieler. Nahaufnahmen
entstanden in langen Brennweiten, so dass die Akteure nahezu unbehelligt
vor der Kamera spielen konnten, das Licht erinnert bei den
Innenaufnahmen an die Visualität der schwarzen Serie, Töne - auch und
gerade im Hintergrund - verstärken die atmosphärische Dichte des
Films. Kino im Mattscheibenformat - das bietet Kopf und Auge eine echte
Alternative zur notorischen "Derrick" - Ästhetik. In
"Drei Mädchen" haben sich die Filmemacher für ihre Sache
mindestens so sehr eingesetzt, wie es ansonsten TV - Redakteure nur noch
für ihre Einschaltquoten tun. Möglicherweise wird das in diesem Fall
sogar zu einer glücklichen Verbindung der Interessen führen. |
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