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die motorradcops

pilotfilm  "Y"

 

   

A.R. ist "Y"   Sendung: 30. 03. 2ooo   6,2  20,3

Was hat Dich gereizt, in dem Pilotfilm  "Y - Wie alles begann" mitzuspielen?

Alexander:

An diesem Film hat mich gereizt, dass es meiner Auffassung nach ein Comic ist. Ich finde es sehr spannend mal solche Klischees zu bedienen. Comics arbeiten mit Klischees. Intelligente und gute Comics gehen auch ironisch, witzig, humorvoll, ja eben intelligent mit diesen Klischees um. Das hat mich gereizt.


Wie hast Du Dich auf die Rolle von "Y" vorbereitet? 

Alexander:

Diese Figur des Bösen, des Schurken, ist ja psychologisch nicht definiert. Ich kann eigentlich alles reinpacken, was ich will. Und dann kommt bei "Y" noch dazu, dass er sich immer was reindröhnt, dass er immer ständig auf Droge ist. Und zwar nicht wie vielleicht Gary Oldman in "Leon der Profi" dieses Angespannte, sondern im Gegenteil: eine Droge, die eigentlich den Effekt hat, dass er eher in Harmonie mit sich selbst gerät, dass er durchaus in einer guten Stimmung, aber voll drauf, durchzieht ,was er da macht. In einer zufriedenen Gelassenheit, kann man sagen.

Sozusagen dieser Hinweis, so einer Figur mal eine ganz andere Wendung zu geben und nicht immer das Verbissene, das Verkrampfte, das Kaputte, das Zerstörte, das Hassverzerrte rauszuarbeiten, das hat mich an der Figur interessiert. Eben das mal auf eine ganz andere Art und Weise zu machen.

Und das hat natürlich jetzt auch was mit der Vorbereitung zu tun. Ich stehe erst mal vor einem unbekannten Feld. Dies ist für mich meistens eine der Hauptbedingungen überhaupt, Rollen anzunehmen. Dass ich einen weiten Spielraum habe die Figuren zu gestalten, dass sie nicht total festgelegt, definiert sind und dass ich nicht nur zum Erfüllungsgehilfen einer fremden Phantasie werde, was etwas rein Handwerkliches wäre, das andere sehr viel besser können als ich. Wichtig ist für mich sozusagen originär aus meiner Phantasie heraus einen Bereich füllen zu können.

Das ist natürlich die Aufgabe und die Schwierigkeit bei der Vorbereitung gewesen. Aber, wie mache ich das? Ich gehe die Sachen halt immer wieder in Gedanken durch. Ich gehe die Texte durch, stelle fest, wo sie mir gefallen und wo nicht, verändere die Texte zum Teil als Vorschlag. Ich versuche vor allem Dinge zu finden, die mich an der Welt, an der Figur und am Leben interessieren.

Nehme dies auch als Chance das Klischee des Guten irgendwie dabei zu entlarven. Es ist ja nicht so, dass ich nur das Klischee des Bösen selbst spielen würde, das ja sowieso sehr viel mehr Freiheiten lässt, weil Normverstöße erlaubt sind, weil ich nicht immer auf dieser ´Gut-Menschen-Schiene´ drauf sein muss, weil ich mich anders verhalten kann als es sonst gesellschaftlich verlangt wird. Und viele Bereiche in denen man sich anders verhalten kann als es eigentlich gesellschaftlich verlangt wird, sind ja oft interessanter und meines Erachtens auch gelegentlich beispielhafter, anstrebenswerter als so eingefahrene Schienen, die man als das Gute betrachtet.

In dem ich also in verschiedenen Nebenlinien intelligente Antagonismen zum Guten konstruiere, kann ich manchmal auch das Gute als Klischee entlarven. Und das ist mit eines der Dinge, die mich an solchen Rollen interessieren.


Du kannst also die Texte am Set manchmal ändern, wenn sie Deiner Meinung nach nicht so stimmig sind? 

Alexander:

Sagen wir so: Ich nehme es mir erst mal heraus, wenn ich der festen Überzeugung bin, dass es so nicht geht wie es da steht und dass man es anders machen muss, weil ich mich vorher sehr mit meiner Figur und dem Drehbuch beschäftigt habe. Meine Änderungen schlag ich dann vor. Es hat natürlich auch viel mit dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Regisseur und mir zu tun, ob es funktioniert. An einem ersten Drehtag zum Beispiel würde ich das nicht machen, es sein denn, es gibt ganz krasse Unmöglichkeiten im Text. Ich kann nicht zum Set kommen und sagen "Guckt mal, ich habe einen neuen Dialog.", weil es dann viele Autoritätsprobleme, Profilierungsprobleme und andere Probleme geben würde. Dann kann sich diese ganze Auseinandersetzung  leicht kontraproduktiv auswirken.

Deswegen geht es halt nur dann, wenn man schon ein paar Tage mit dem Regisseur gearbeitet hat, wenn man sich vertraut und man genau weiß, dass sich hier keiner hervorspielen will, sondern dass es lediglich darum geht, das Produkt zu verbessern. Dann funktioniert das in der Regel, weil ich auch manchmal ganz gute Einfälle habe.


Hast Du denn bei den Dreharbeiten zu "Y" schon mal den Text verändert? Wenn ja wo?

Alexander:

Ja, habe ich schon gemacht, z.B. bei einer Szene im Hochhaus, wo er sich wieder seine Droge reinzieht. Das wollte ich nicht an den Anfang dieser Szene setzen, sondern an den Schluss. Ich wollte, dass wir mitten in das Gespräch einsteigen, dass er sich abwendet und das man das nur von hinten sieht.

Also, man sieht während er sich dreht, dass er seine Droge nimmt. Dann siehst du von hinten halt oder ahnst, dass er sie nimmt und dann kippt er so ein wenig leicht zur Seite an so einer Säule und rutscht dann einfach aus dem Bild raus. Das ist eben eine andere Ebene: Das ist ein bisschen witzig und wir machen uns selbst nicht zum Opfer einer aufgeblähten Ernsthaftigkeit bei der es viele Peinlichkeiten geben kann, sondern wir spielen sozusagen mit diesem Medium. Wir spielen eben. Wir spielen mit diesen Klischees.


Wie wichtig ist für Dich die Beziehung zum Regisseur?

Alexander:

Die ist extrem wichtig. Wenn diese Beziehung nicht funktioniert, funktioniert auch kein Film, keine Figur, keine Rolle. Weil ich dann auch gar nicht den Mut habe mich zu entfalten, weil schon die innere Schere dann ansetzt, weil ich schon genau weiß, dass stößt auf die und die Widerstände, der kann es sowieso nicht leiden aus welcher Ecke ich denke bzw. er versteht es sowieso nicht, was ich damit meine.

Und dann werden alle Ansätze sozusagen schon im Keim erstickt und dann kann ich in einem Film gnadenlos schlecht sein. Dann bin ich natürlich auch sehr unglücklich. Es ist ganz schwer. Ich habe große Probleme einfach nur der Handwerker zu sein, der etwas macht, was man ihm vorsetzt. Nicht, weil ich bösen Willens bin oder mich so toll fände. Ich kann einfach nur das wirklich gut spielen, was ich begreife und was ich für richtig halte. Deswegen kommt es drauf an, dass man sich gegenseitig überzeugt. Ich bin offen. Ich bin überhaupt nicht stur. Ich habe riesen Ohren und möchte genau wissen, was der Regisseur denkt und ich möchte immer, dass wir uns einigen, dass man einen Weg findet, der uns beiden gefällt.

Gute Regisseur schätzen eigene Gedankenarbeit. Wenn man sich gegenseitig respektiert und achtet und auch noch sich mag, dann ist dies natürlich sehr hilfreich.


Ist für Dich die Schauspielerei nicht auch: Ein bisschen von Dir selber Preis geben?

Alexander:

Ja, von mir selbst Preis geben und Dinge in mir überhaupt erst mal aufspüren. Zum Beispiel meine Haltungen zu bestimmten Verhaltensweisen, zu bestimmten Situationen  erst mal raus finden.

Wenn ich mich vorbereite ist das spannende immer, dass ich merke, dass meine ersten Gedanken meistens die eingefahrenen Gedanken sind, die zweiten Gedanken meistens in irgendeine wilde Richtung weit über das Ziel hinaus schießen, und die dritten, vierten und fünften Gedanken dann erst wirklich die spannenden sind. Und das dauert natürlich seine Zeit.


Lernst Du bei den Dreharbeiten auch etwas über Dich selbst?

Alexander:

Ja klar. Vor allen Dingen, ich versuche ja auch immer etwas Neues zu entdecken. Wenn ich merke, dass ich jetzt anfange etwas zu machen, was ich schon mal gemacht habe, finde ich das nicht mehr spannend und dann interessiert mich das auch schon nicht mehr. Dann habe ich auch komischerweise keine eigene innere Spannung und keine wirkliche Energie, da weiter zu gehen. Vor allem, weil ich auch weiß, dass ich selbst inzwischen weitergelebt habe und weiter bin und neues erfahren habe, möchte ich auch das finden, was mich jetzt verändert hat im Verhältnis zum letzten Jahr. Und das kann nicht darin bestehen, dass ich mich wiederhole. Und das ist halt immer Entwicklung, pathetisch gesprochen: Grenzen überschreiten. Ich will halt immer was Neues finden. Ich möchte etwas erleben, was ich selbst noch nicht kenne, wenn ich eine Rolle spiele und wenn ich eine Rolle erarbeite.

 
Gibt es eigentlich in der Rolle "Y" auch ein paar Züge von Alexander Radszun oder andersrum?

Alexander:

Ja, das ist diese berühmte Frage. Ich weiß nicht, dass kann man so nicht einfach beantworten. Ich halte mich überhaupt nicht für böse, absolut nicht. Im Gegenteil. Ich habe eine unglaubliche Sehnsucht nach dem Guten, wenn man so will nach Liebe. Also, genau nach dem Gegenteil von dem, was ich da oft zeige oder demonstriere. Aber wie gesagt, ich versuche das auf eine Art zu demonstrieren, dass man das nicht so einfach wegpacken kann. Aber insofern habe ich nichts von dem Bösewicht, was jetzt meine eigene Moral anbelangt. Nur, von den anarchistischen Momenten her vielleicht, von den Normverstößen her, von dem Andersdenken her als es so die political oder moral corectnes verlangt. Von daher gesehen hat es schon wieder viel mit mir zu tun, ja.


Macht Dir die Schauspielerei immer noch Spaß? Oder ist es doch nach ein paar Jahren eher so ein Job wie jeder andere?

Alexander:

Also, es macht mir gigantischen Spaß. Ich spiele leidenschaftlich gern. Ich spiele auch leidenschaftlich gern nicht. Also, ich genieße meine Zeit. Ich möchte auch gar nicht zu viel spielen. Ich brauche auch außerhalb des Spiels Zeit, um meine Persönlichkeit zu entwickeln. Das ist ganz wichtig, weil das sind ja meine Ressourcen, das sind meine Quellen aus denen ich schöpfe.


Hast Du in "Y" auch Stunts selbst gemacht?

Alexander:

Nur das, was ich machen durfte. Diese Sache im Wasser, im Rhein, die musste ich natürlich machen, weil man die Gesichter sieht. Das ist ja klar.

Würdest Du gerne noch mehr Action-Szenen selber machen?

Alexander: Ja, natürlich. Aber nur, wenn ich die Gefahr selbst einschätzen kann. Und auch dann geht das halt in der Regel nicht. Das sehe ich auch ein. Das geht oft schon aus versicherungstechnischen Gründen nicht. Wenn da wirklich ein Risiko ist, dann kann man das nicht machen.