Mit
dem schwäbelnden Kommissar Bienzle spielt er den Zuckerbäcker Theo
Hasselt, einen verklemmten Pedanten, der verdächtigt wird, nachts
im Park jungen Frauen die Kehle durchzuschneiden und sich dann an ihnen
zu vergehen. Wieder eine Paraderolle für Alexander Radszun, den Meister
des Bösen.
Dabei
ist er ein eher zarter, liebenswert scheuer Mann, der selbst in seinem
Zuhause in Berlin - Kreuzberg noch angestrengt wirkt. Die
Drei-Zimmer-Wohnung der Familie Radszun liegt in einer ruhigen Straße,
in der die Balkons mit wildem Wein, Oleander und blau blühendem Männertreu
bepflanzt sind. Im Flur der Altbauwohnung die beiden Meeerschweinchen
der 14 jährigen Tochter. Nastasja und ihre Mutter Margrit haben an
diesem Nachmittag den Vater allein zurückgelassen, mit den
Meerschweinchen und mit Efi, dem Sittich, der Besuchern sofort
entgegenflattert.
So
brav und unauffällig lebt der Fernsehbösewicht, dessen intensive
Blicke den Zuschauer bis in die Träume verfolgen können. Doch wenn er
eine neue Rolle lernen muss, sagt der 45-Jährige, steigt er aus, zieht
er sich zurück.
Eine
Ein-Zimmer-Wohnung im Hinterhof desselben Hauses. Kein Telefon, kein
Fernseher, keine Blumen. Nur ein großer Spiegel, ein Stuhl, ein
Kachelofen als Ablage für die Drehbücher. Die Wände sind kahl und weiß.
Auch der Fußboden war das einmal. Jetzt zeigen Trampelpfade im Lack,
wie hier einer unruhig hin und her getigert ist: Radszuns Spurensuche
nach den Abgründen der menschlichen Seele.
In
"Bienzle und der Zuckerbäcker" ist eine der entscheidenden
Szenen die letzte Aussprache des Theo Hasselt mit seinem Vater, einem
unbeugsamen, autoritären Prediger."Laut Drehbuch kommt es zum großen
Krach, und am Ende rennt Hasselt in Panik aus dem Haus", erzählt
Radszun von seiner peniblen Vorbereitung. "So wäre der Theo
Hasselt zu einem Jammerlappen geworden. Jammerlappen aber wühlen den
Zuschauer nicht wirklich auf. Ich habe ihn leiser gespielt und damit
kraftvolle und eindringlicher."
In
dieser Szene fällt auch der Satz: "Der gute Wille wird zum Bösen
durch erlittene Gewalt." Der ist von Adorno aus der "Dialektik
der Aufklärung". Und man spürt, dass dieses Thema Radszun auch
persönlich beschäftigt. Doch der Mann, der in 25 Jahren mehr als 80
Fernsehrollen spielte, gibt von sich selbst ungern etwas preis.
Nur
so viel rückt er heraus: Sein Vater brachte ihm schon mit fünf
Gedichte bei. "Als Kind", sagt er, "bin ich mit meinen
Emotionen gern in fremde Gestalten eingetaucht. Mit zwölf wusste ich,
dass ich Schauspieler werden würde."
Gleich
nach dem Abitur besuchte er die Max-Reinhardt-Schule in Berlin. Das
Theater aber hat ihn nie interessiert. "Die großen Gesten liegen
mir nicht", erklärt er. "Und mein leiseres Spiel, vor allem
auch das mit den Augen, käme in der 20. Reihe nicht an. Dafür brauche
ich die Großaufnahme."
Ein
kleiner Wunsch noch für den 15. August, wenn der "Zuckerbäcker"
läuft: "Dann soll es donnern und blitzen. Das wäre genau die
richtige Atmosphäre für diesen Krimi." Er selbst dreht dann auf
Mallorca. Für RTL spielt er wieder den Bösen. Einen, der Grausames
anstellt -- aus Liebe.
von NORBERT SCHEID
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